Registermodernisierung verfassungskonform umsetzen!

Entschließung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder – 26.08.2020

Mit dem Gesetz zur Einführung einer Identifikationsnummer in die öffentliche Verwaltung (enthalten im Registermodernisierungsgesetz - RegMoG) plant die Bundesregierung eine Modernisierung der in der Verwaltung geführten Register. Hierzu soll u.a. eine Identifikationsnummer (ID-Nr.) für natürliche Personen als registerübergreifendes Ordnungsmerkmal in alle für die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes relevanten Register von Bund und Ländern eingeführt werden.

Als übergreifendes Ordnungsmerkmal soll die Steuer-Identifikationsnummer (Steuer-ID) dienen, vor deren fortschreitend ausgedehnter Nutzung die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder mehrfach deutlich gewarnt hatten. Die nun geplante ausgedehnte Verwendung der Steuer-ID als einheitliches Personenkennzeichen löst sich vollständig von ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung für rein steuerliche Sachverhalte, obwohl sie nur deswegen bislang als verfassungskonform angesehen werden kann.

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (Datenschutzkonferenz) wies bereits in ihrer Entschließung vom 12.09.2019 darauf hin, dass die Schaffung solcher einheitlichen und verwaltungsübergreifenden Personenkennzeichen bzw. Identifikatoren (auch in Verbindung mit einer entsprechenden Infrastruktur zum Datenaustausch) die Gefahr birgt, dass personenbezogene Daten in großem Maße leicht verknüpft und zu einem umfassenden Persönlichkeitsprofil vervollständigt werden können.

Das Bundesverfassungsgericht hat der Einführung derartiger Personenkennzeichen seit jeher enge Schranken auferlegt, die hier missachtet werden. Der Blick auf den Anwendungsumfang der geplanten Regelung zeigt das Potential der möglichen missbräuchlichen Verwendung.

So verknüpft der Gesetzentwurf bei mehr als 50 Registern die Steuer-ID als zusätzliches Ordnungsmerkmal. Auf diese Weise könnten Daten etwa aus dem Melderegister mit Daten aus dem Versichertenverzeichnis der Krankenkassen sowie dem Register für ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt oder dem Schuldnerverzeichnis abgeglichen und zu einem Persönlichkeitsprofil zusammengefasst werden. Die im Gesetzentwurf vorgesehenen technischen und organisatorischen Sicherungen genügen nicht, um eine solche Profilbildung wirksam zu verhindern. Diese stellen zwar sicher, dass nur autorisierte Behörden die erforderlichen Daten Ende-zu-Ende verschlüsselt übermitteln. Sie bieten aber keinen ausreichenden Schutz gegen die missbräuchliche Zusammenführung der Daten zu einer Person, die aus unterschiedlichen Registern stammen, übrigens auch nicht bei Datenlecks. Zudem ist damit zu rechnen, dass die neue ID-Nr. auch im Wirtschaftsleben weite Verbreitung finden wird, was das Missbrauchsrisiko weiter erhöht.

Die Datenschutzkonferenz hatte demgegenüber „sektorspezifische“ Personenkennziffern gefordert, die datenschutzgerecht und zugleich praxisgeeignet sind, weil sie einerseits einen einseitigen staatlichen Abgleich deutlich erschweren und andererseits eine natürliche Person eindeutig identifizieren.

Obwohl ein solches Modell in der Republik Österreich seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert wird, hat die Bundesregierung dies nie ernsthaft erwogen und ohne überzeugende Begründung mit dem pauschalen Verweis auf „rechtliche, technische und organisatorische Komplexität“ abgelehnt.

Auch wenn die Corona-Pandemie zeigt, wie notwendig eine Beschleunigung der Digitalisierung ist, darf dies nicht als Argument dafür benutzt werden, verfassungsrechtlich notwendige Nachbesserungen unter Hinweis auf den „Eilbedarf“ unter den Tisch fallen zu lassen.

Die Datenschutzkonferenz weist daher nochmals darauf hin, dass die dem Gesetzentwurf zugrundeliegende Architektur im Widerspruch zu verfassungsrechtlichen Regelungen steht. Sie fordert deshalb die Bundesregierung dazu auf, einen Entwurf vorzulegen, der den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, bevor sie durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts dazu verpflichtet wird.