Jahresrückblick 2019 des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern

Nr.20191219  | 20.12.2019  | DSMV  | datenschutz-mv.de

„2019 war ein bewegtes Jahr, nicht nur für den Datenschutz hier im Land, sondern auch für mich persönlich“, sagt Heinz Müller, Landesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit Mecklenburg-Vorpommern, rückblickend.

Anfang Februar verhängte der Landesbeauftragte ein Verbot der Videoüberwachung auf dem Schweriner Marienplatz, weil die Aufnahmen der acht Kameras unverschlüsselt per Funk in das Schweriner Polizeizentrum übertragen wurden und daher die Sicherheit der Daten nicht gewährleistet war. Das zuständige Polizeipräsidium Rostock setzte die Videoüberwachung jedoch unverändert fort. Weil der Landesbeauftragte seine Anordnungen gegenüber öffentlichen Stellen nicht durchsetzen kann, blieb ihm nur ein Eilantrag an das Schweriner Verwaltungsgericht. In der dort stattfindenden Güteverhandlung lenkte die Polizei ein und beschaffte neue Technik. Fortan wurden die Aufnahmen bei der Übertragung per Funk verschlüsselt. "Meine Kernforderung war erfüllt, deshalb konnte ich meinen Antrag für erledigt erklären“, sagt Müller.

Dem Landesverband der AfD untersagte der Landesbeauftragte Mitte September den Betrieb des Meldeportals „Neutrale Schule“. Dazu Müller: „Die AfD hat über dieses Portal Informationen zu den politischen Meinungen nicht nur der Lehrer, sondern auch der Kinder unseres Landes erhoben. Für die Verarbeitung solcher besonders schutzbedürftiger Daten gelten nach Art. 9 DS-GVO erhöhte Rechtmäßigkeitsanforderungen. Diesen Anforderungen wurde das Portal nicht gerecht.“ Die AfD ging mit einem Eilantrag gegen das Verbot vor. Doch das Verwaltungsgericht Schwerin folgte der Argumentation des Landesbeauftragten und lehnte den Antrag ab. Die über das Meldeportal erfolgende Datenverarbeitung stehe im Widerspruch zu Art. 9 DS-GVO. „Es darf nicht sein, dass Lehrer durch so ein Portal in ihrer Unterrichtstätigkeit eingeschüchtert werden“, erklärt Müller. „Genau das ist die Aussage der hier zur Anwendung kommenden datenschutzrechtlichen Vorschriften. Selbstverständlich ist es die Aufgabe der Lehrer, für die Demokratie, das Grundgesetz und die darin gewährleistete Menschenwürde einzutreten. Dabei sollen sie keine Angst haben, von selbsternannten AfD-Aufpassern behelligt zu werden.“

Im selben Zeitraum hörte der Innenausschuss des Landtages den Landesbeauftragten als Sachverständigen zum Entwurf für ein neues Sicherheits- und Ordnungsgesetz an. Dazu Müller: „Wenn wir der Polizei neue Befugnisse geben, die tief in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger eingreifen, wie Online-Durchsuchung und Quellen-Telekommunikationsüberwachung, dann müssen wir sie einer wirksamen Kontrolle unterwerfen. Das besagt das hier einschlägige europäische Recht. Als zuständige Aufsichtsbehörde soll der Landesbeauftragte für Datenschutz die Polizei aber nur ‚warnen‘ und ‚verwarnen‘ können. Ich halte das für europarechtlich bedenklich.“ Verabschiedet wurde der Gesetzentwurf bislang nicht.

Am 28. Oktober 2019 lud der Landesbeauftragte zur Fachtagung „Datenschutz: Krankheit oder Therapie?“ ein. Diese richtete sich an Geschäftsführung, Datenschutzbeauftragte, Ärzteschaft, Pflegekräfte und Verwaltungsangestellte der Krankenhäuser und klinischen Einrichtungen Mecklenburg-Vorpommerns und zielte darauf ab, gemeinsam Lösungen für die sich im sensiblen Gesundheitsbereich stellenden Datenschutzfragen zu erarbeiten. Müller sagt: „Krankenhäuser kennen den Datenschutz zwar nicht erst seit dem Inkrafttreten der DS-GVO. Diese enthält aber neue Vorschriften etwa bei den Auskunfts- und Informationspflichten, die noch immer Unsicherheiten in der Umsetzung hervorrufen.“ Seine Behörde könne hier praktische Unterstützung leisten.

Durch die DS-GVO erhielt der Landesbeauftragte über 50 neue Aufgaben. Bei nahezu jeder Gelegenheit setzte Müller sich dafür ein, dass seine Behörde mit den für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Ressourcen ausgestattet wird. Doch anders als im Bund und in den anderen Bundesländern muss seine Behörde das stark gestiegene Arbeitsaufkommen auch weiterhin mit einem unveränderten Personalbestand bewältigen. Das geht aus dem gerade verabschiedeten Landeshaushalt für die Jahre 2020/2021 hervor. Müller zog daraus auch persönliche Konsequenzen. Nach fast 37 Jahren trat er Mitte Dezember aus der SPD aus: „Es gibt einen Punkt, an dem es einfach nicht mehr geht.“